Der Verein


Gründungstag der Jacques-Offenbach-Gesellschaft ist der 19. Oktober 1979.

Die Jacques-Offenbach-Gesellschaft hat ihren Sitz in Bad Ems, was sich dadurch erklärt, daß sich Jacques Offen-
bach zwischen 1858 und 1870 wiederholt zur Kursaison im Hochsommer an die Lahn begab. Erst in zweiter Linie der Erholung wegen. In erster Linie suchte und fand er dort sein Publikum, denn ein maßgeblicher Teil der Gäste stammte aus Frankreich, insbesondere Paris. So kam es, daß Offenbach sein eigenes Ensemble mitbrachte, als Dirigent seiner Werke in Erscheinung trat und an neuen Stücken für den Winter in Paris weiterarbeitete. Wesent-
liche Teile seines "Orpheus" etwa sind in der entspannten Atmosphäre des mondänen Kurbads Ems entstanden. Zum Emser Stolz gehören auch die acht Werke, die im heute noch erhaltenen Marmor-
saal ihre Uraufführung erlebt haben, darunter "Les Bavards" (1862), "Il Signor Fagotto" (1863), "Lischen et Fritzchen" (1863), "Jeanne qui pleure et Jean qui rit" (1864) und "Coscoletto" (1865).

Die Jacques-Offenbach-Gesellschaft ist ein gemeinnütziger Verein, der sich der Aufgabe verschrieben hat, das Werk Offenbachs bekannt zu machen, durch Auffüh-
rungen wie durch wissenschaftliche Forschung. Ist das nötig? Wird Offenbach nicht landauf landab gespielt? Schon, aber es sind fast immer dieselben Stücke. Der Werkkatalog von Jean-Claude Yon verzeichnet 110 Nummern. Aber wer kennt schon "Tromb-Al-Ca-Zar" (1856), "Les Trois Baisers du diable" (1857), "Mesdames de la Halle" (1858), "Geneviève de Brabant" (1859/67), "Le Fifre enchanté" (1864/68), "Les Bergers" (1865), "La Diva" (1869), "Madame l'Archiduc" (1874) oder "La Foire Saint-Laurent" (1874)? Es gibt viel zu tun!...


Vereinsgeschichte

1979, im Jahr vor der 100. Wiederkehr von Jacques Offenbachs Todestag, hatte der damalige Kurdirektor von Bad Ems, Heinz Wadepuhl, die Idee, eine Jacques-Offenbach-Gesellschaft ins Leben zu rufen. „Bad Ems als Sitz einer ‚Offenbach-Gesellschaft’ zu wählen, bot sich … an, weil diesem Ort noch immer der legendäre Ruf eines ‚Weltbades’ anhaftet, wobei festzustellen ist, daß die glanzvollen Tempi passati sich allenfalls noch in den Baulichkeiten aus der Blütezeit dieses Badeortes wi-
derspiegeln.“ (Günther Obst) An historischer Stätte, also rund um den architektonisch bedeutenden Marmorsaal des Kursaalgebäudes, sollten Konzerte, Aufführungen und andere Veranstaltungen an den „Mozart der Champs-Elysées“ erinnern und anspruchsvolle Kultur in das einstma-
lige Weltbad bringen, das unter den verschiedenen Gesundheitsreformen zu kränkeln begann. Im Oktober 1979 unterschrieben im Marmorsaal 49 Emser Honoratioren den Gründungsakt, Ende 1980 waren es 200 Mitglieder, Mitte der 1990er Jahre 400. Kurdirektor Wadepuhl wußte auch, wen er mit der zu erwartenden Sisyphus-Arbeit betrauen mußte: Dr. Günther Obst (1922–2003), Studiendirektor am Bad Emser Goethe-Gymnasium, Kirchenmusiker vor Ort, aber promoviert über die komische Oper in Frankreich.

Von allem Anfang an mußte der Vorsitzende der Gesellschaft und Organisator der seit 1980 im Oktober stattfindenden „Festwochen“ den Spagat zwischen der Werbung für den Kurort Bad Ems und der Werbung für den Komponisten Jacques Offenbach zusammenbringen, mußte Kultur für die Menschen vor Ort und anspruchsvolle Arbeit an einem „verkannten Genie“ gleichzeitig geleistet werden. Die Programmhefte seit 1981 spiegeln beredt wider, wie beides manchmal nebeneinander herlief, aber mit der Zeit immer besser aufeinander zulief und in glücklichen Momenten an die Synthese des 19. Jahrhunderts heranreichte. Im Anhang zu diesem Text sind die diversen Aktivitäten zwischen 1980 und 2008 aufgelistet.

1991 expandierten die „Festwochen“ zum „Internationalen Festival“ mit ausgeweitetem Finanzvolumen und rückten terminlich in die witterungsmäßig attraktivere Frühsom-
merzeit, beginnend mit dem Pfingstwochenende. Die Stadt Bad Ems trat als Veran-
stalter auf und beauftragte die JOG mit der Durchführung. „… wer nicht in der Mittel-
mäßigkeit verharren will, die im übrigen nichts verändert, der muß etwas wagen, auch auf die Gefahr hin, Federn zu lassen“, war Günther Obsts Motto 1990. Dies funktio-
nierte mit mal mehr und mal weniger Einvernehmen bis zum Ende der Amtszeit des Gründungsvaters 2001 über das Interim des Musikdirektors der Universität Koblenz-Landau, Dr. Jürgen Böhme (2001–2004) bis in die Anfangsjahre eines jungen Teams um den Frankfurter Hochschulprofessor Dr. Peter Ackermann (2004–2007). 2008 übernahm die Stadt das Festival in Eigenregie und kehrte zum Oktobertermin der Anfangsjahre zurück.

Die JOG unter dem Vorsitzenden Dr. Ralph-Günther Patocka (seit November 2008), Theaterwissenschaftler aus München, wird sich in Zukunft der Pflege des Offen-
bachschen Andenkens auf andere als die bisherige Weise zu widmen haben: mit wissenschaftlicher Arbeit und Koordination der so zahlreichen, aber auch so verstreuten Aktivitäten rund um ihren Lieblingskomponisten. „Die ‚Offenbach-Gemeinde’ ist insgesamt gar nicht so klein und unbedeutend, wie man gemeinhin annehmen könnte. … Die Offenbachianer sind nur weit verstreut in Europa und Übersee, so daß das eigentlich anstehende Problem in einer gezielten und wir-
kungsvollen Information über die kulturellen Aktivitäten der ‚Jacques-Offenbach-Gesellschaft’ steckt.“ So Günther Obst schon 1988. Die 1994 anvisierte Gründung eines Forschungszentrums zu Jacques Offenbach scheiterte an mangelnden finan-
ziellen Ressourcen und damit auch an personellem Potential. Wir wollen die damals geäußerten Ideen unter geänderten Vorzeichen wiederbeleben.

Quellen:
Günther Obst: La Sté Offenbach de Bad Ems, in: Opérette 82, 1992, S. 15-16
Günther Obst: Die Jacques-Offenbach-Gesellschaft e.V. Bad Ems, in: Rhein-Lahn-Kreis. Heimatjahrbuch 1995, S. 152-154
Günther Obst (Hg.): Betrifft: Gründung eines Forschungsinstitutes zu Jacques Offenbach in Bad Ems. Grußworte – Referate – Dokumente (= Bad Emser Hefte 142 / Offenbach-Reihe 15, hg. von Ulrich Brand), Bad Ems 1995

Peter Hawig: „Das Lahntal hat dem Meister Glück gebracht“. 150 Jahre Jacques Offenbach in Bad Ems, in: Rhein-Lahn-Kreis. Heimatjahrbuch 2008, S. 32-36
Programmhefte der Offenbach-Festwochen bzw. -Festivals 1981ff.


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